La Nuit de Valognes

Zusammenfassung

Es ist Nacht. In einem Herrenhaus, das ganz abgelegen mitten in der normannischen Heide steht, kommen fünf Frauen zusammen und bereiten den Prozeß gegen Don Juan vor.Seine einstmaligen Opfer wollen ihn zwingen, die letzte seiner Eroberungen zur Frau zu nehmen.Und sonderbarerweise läßt sich Don Juan darauf ein. Hat ihm etwa das Leben selbst schon diesen Prozeß gemacht?

Ist das das Ende eines Mythos?

Anmerkungen

« Mein erstes Theaterst... »

Mein erstes Theaterstück…

Jedes erste Mal hat etwas Wunderbares an sich. Das erste Mal verrät uns etwas über uns selbst, lehrt uns etwas Wesentliches, gibt uns Vertrauen in unsere Existenz. Das erste Mal läutet das Ende unserer Kindheit, leitet einen neuen Lebensabschitt ein, breitet die Zukunft vor uns aus. Wenn es gelungen ist, vermag es gar ein ganzes Schicksal vorzuzeichnen.

Doch jedes erste Mal birgt auch ein Element der Täuschung in sich. Ein erstes Mal ist ja niemals nur ein erstes Mal — davor sind da ja immer die Träume, die Versuche, Momente der Begeisterung, die, kaum entstanden, auch schon wieder vergehen, fieberhafte Momente, von Hoffnung getragen, Unrast, Enttäuschungen und noch einmal Unrast.

Ich habe viel geschrieben, bevor ich mit 29 Jahren in einem Schwung La nuit de Valognes zu Papier brachte.

Mit 16 Jahren habe ich begriffen – oder beschlossen –, daß ich Schriftsteller bin, und ich habe auf dem Gymnasium meine ersten Stücke verfaßt, in Szene gesetzt und aufgeführt.

Und Mitschüler, Eltern, Lehrer, alle haben sie gesagt, ich sei begabt. Diese plötzliche Anerkennung, die mir zuteil wurde, hat mich überrascht, mich hocherfreut, hat mich aber auch dazu gebracht, mit mir selbst streng zu sein. Da ich nun nicht mehr die Zustimmung der kleinen Welt, in der ich lebte, erbitten mußte, habe ich mich ehrlich gefragt, was ich selbst denn über meine Versuche denke; denn sobald ich sie mit den alten oder den modernen Klassikern verglich, die ich damals verschlang, war ich natürlich enttäuscht und ich beschloß, zu warten und weiter dazuzulernen. Ich wurde mir bewußt, daß es vieles gab, das ich auszudrücken vermochte, aber daß ich noch nichts zu sagen hatte. All das, was ich da zusammengeschrieben hatte, bevor ich dieses erste Stück, La nuit de Valognes, und meinen ersten Roman, Die Schule der Egoisten, schrieb, ist mit den Stimmübungen eines Sängers vergleichbar oder mit dem Barren, an dem sich der Tänzer übt: rein technische Übungen vor der endgültigen Aufführung des Werks.

 Als ich etwa 28 Jahre alt war, hatte ich meine Lehrjahre in Sachen Gefühle und Philosphie hinter mich gebracht. Ich wußte nun, was ich zu sagen hatte, ich wußte, welches meine Themen waren, meine Obsessionen, ich wußte welchem schmalen Pfand, dem Pfad des Zweifels, ich folgen würde.

La nuit de Valognes gibt die Vorstellung wieder, die ich mir von Don Juan mache — ebenso wie Der Freigeist meine Vorstellung von Casanovo in Gestalt Diderots wiedergibt—. Don Juan ist ein Mensch in ständiger Bewegung, er würde gerne innehalten. Er wird vom Verlangen getrieben und würde zugleich gerne in der Liebe Halt finden. Doch diese beiden Dinge sind nicht miteinander vereinbar. Seinen eigenen Trieben nachgeben bricht den Widerstand des anderen. Hat Don Juan erst einmal den Sieg davongetragen, bleibt ihm nichts mehr, weder der andere noch der Trieb. Don Juan kann nicht genießen: er denkt nur daran zu siegen.

Wenn er seine Lust ernst nähme und nicht nur seine Begierden, dann könnte er Genuß empfinden; er könnte die Zeit anhalten und sie ausdehnen, bis sie die Dimensionen der lustvollen Extase erreichen würde. Doch da er wie ein Soldat denkt, und nur auf Eroberung und wieder nur auf Eroberung aus ist, kann er nichts Orgastisches im Orgasmus finden, sondern lediglich die Befreiung von einer inneren Spannung, das Ende eines Zwanges. Sobald sein Verlangen gestillt ist, wartet er nur darauf, daß es sich von neuem rege, und auch dieses Verlangen wird er befriedigen und damit zugleich abtöten.

Im Leben Don Juans dreht sich alles um Sex, ohne daß er wirklich etwas davon verstünde. Er sieht darin bloß die ichbezogene Befriedigung eines Triebes. Er sieht nicht, was es jenseits davon zu entdecken gibt: die Freude, die geteilte Lust, die Bezogenheit auf den anderen, die ganze weite Skala der Gefühle. Zwar ist Don Juan stets in Bewegung, doch er dreht sich bloß im Kreis. Da er allein seinen Trieben Beachtung schenkt, ist er dazu verdammt, sich ständig zu verausgaben. Sein Leben voller flüchtiger Abenteuer gerät ins Stocken, wird langweilig.

Ich habe mir einen Spaß daraus gemacht, es gehörig durcheinanderzubringen. In den Versionen des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts, wird er vom Kommandeur bestraft.

Ich zeichne weniger einen Gott des Zornes und der Rache wie im Alten Testament, sondern einen Sohn, der liebevoller ist, zu liebevoll, eine Gestalt, die zugleich christlich ist und pervertiert. Es ist eine wahre Strafe für Don Juan: Liebe für einen Mann zu empfinden, er, der die Liebe – mehr schlecht als recht – unter den Röcken der Frauen gesucht hatte.

Enthüllt diese erstaunliche Liebe eine uneingestandene Homosexualität?

So mancher Psychologe hat diese These vorgebracht, daß nämlich der Don Juanismus, der Wunsch nach immer mehr Frauen – wobei dieses Mehr an Frauen letztlich immer unbefriedigend bleibt – eine homosexuelle Neigung auf männliche Art und Weise verbergen könne, und von einem zweideutigen Manneskult zeuge.

Diese Erklärung möge Sache der Psychologen bleiben, das ist letztlich nicht der Punkt, worauf ich hinaus will. Mir kommt es vor allem darauf an, den Sex von der Liebe zu unterscheiden. Die Liebe kennt kein Geschlecht. Sie kann sich in der Sexualität offenbaren oder sich in ihr entfalten, sie kann aber genau so gut darauf verzichten.

Die Verbundenheit mit dem anderen Menschen, die stets erneuerte Faszination für das Geheimnis, das der andere birgt, die Verehrung, die man ihm entegegenbringen kann – all das hat nicht mit viel mit körperlichen Berührungen zu tun, so angenehm sie auch sein mögen.

In La nuit de Valognes habe ich die Themen behandelt, die ich in Enigma wieder aufnahm.  

La nuit de Valognes wurde dank Jean-Luc Tardieu 1991 zum ersten Mal aufgeführt. Ich war fasziniert wie ein Kind vor dem Weihnachtsbaum. Es war meine erste Premiere. Dann, nach hundert Vorstellungen, erlebte ich meine erste letzte Vorstellung. Das ging mir so nahe, daß ich es danach immer abgelehnt habe, das Stück noch einmal anzusehen. Dabei ist es auch später immer wieder von kleinen, professionellen Theatertruppen und auch von Amateurtruppen aufgeführt worden. Unzählige Male wurde ich eingeladen – und mit welcher Herzlichkeit –, doch jedes Mal habe ich nein gesagt. Zehn Jahre später wurde dann mir zu Ehren eine Aufführung gegeben und so konnte ich mich nicht länger verweigern, ich mußte mir La nuit de Valognes wiederansehen. Ich war überrascht, ich habe Dinge entdeckt, die mir gut gelungen sind, aber auch kleinere Mängel. Ich habe kurz daran gedacht, sie zu korrigieren.

Dann habe ich mir wieder den jungen Mann mit seinen 29 Jahren ins Gedächtnis zurückgerufen, der ich damals war und der diesen Text schrieb. Er hätte es sicher nicht ertragen, daß ein 40-jähriger erfolgreicher Autor an seinem Stück Verbesserungen vornimmt. Aus Achtung vor diesem jungen Mann habe ich schließlich darauf verzichtet.

London, Großbritannien, 28 Mai 2000.
Eric-Emmanuel-Schmitt

Rezensionen

Presse Océan - « La Nuit de Valognes (wirdt übersetzt) »

Mardi soir à  l'issue de la première de la Nuit de Valognes, Jean-Luc Tardieu disait : "Un auteur est né !" C'est juste. Sa nuit lui a donné le jour. Eric-Emmanuel Schmitt appartient au nombre de ceux qui savent avec leur plume traduire les élans du coeur humain.Le rideau venait de tomber sur la création de sa première pièce.Le jeune auteur, selon la formule consacrée, portait une veste du plus beau vert et était presque aussi vert qu'elle.Mais qu'il se rassure. Dans sa Nuit de Valognes, il a su camper des personnages, nouer une intrigue, retenir l'attention du spectateur et lui donner l'occasion de méditer sur les rares préoccupations dignes de retenir l'attention durant une vie, l'amour et Dieu.Qui plus est, Eric-Emmanuel Schmitt, possède le sens du mot et le goà»t du trait. Non pas pour faire frivolement de l'esprit mais pour amener le public à  se laisser aller à  la réflexion philosophique.

Paris-Match - « La Nuit de Valognes (wirdt übersetzt) »

Don Juan. On a toujours dit qu'il n'aimait pas les femmes. On a souvent dit qu'il n'aimait que lui-même. On n'avait jamais osé avancer qu'il en aimait un autre... que son penchant naturel l'inclinait vers les hommes.C'est cette idée provocante, iconoclaste, que parvient à  faire passer l'auteur, dont c'est la première pièce (surprenant !) avec autant de talent, de drôlerie, d'élégance que de sensibilité.Une nuit à  Valognes dans un manoir, au XVIIIe siècle. Don Juan tombe dans un piège. Cinq de ses conquête se sont mises d'accord - mon Dieu, que cela a été difficile ! - pour instruire son procès.Il doit choisir : c'est la Bastille ou le mariage avec l'une de ses victimes. Le séducteur, toujours cynique mais désespéré, parvient à  rendre impossible la sentence du tribunal des femmes, au prix de l'aveu de son secret : les sentiments qu'il exprimait à  sa dernière victime étaient en réalité ceux qu'il avait eus pour son frère mort, dont elle a le regard... Il repartira libre, Comment punir Don Juan, qui n'est plus Don Juan dès lors qu'il dit la vérité ?Un texte brillant - trop peut-être - , plein d'humour, des comédienne admirables - dont Micheline Presle, royale en satin mauve, Marie-Christine Rousseau et surtout Danièle Lebrun, malicieuse à  souhait -, des costumes et des décors soignés : une soirée, somme toute, presque parfaite.

Figaro Magazine - « La Nuit de Valognes (wirdt übersetzt) »

Elégance du décor, richesse des costumes, brio du dialogue, le lever de rideau est séduisant. D'entrée nous suivons avec plaisir les retrouvailles de cinq femmes. L'une a l'esprit vif, l'autre des émois de couventine, une troisième des grands airs d'amazone, et la quatrième des pudeurs de petites bourgeoises intimidées à  particule.Nous sommes au XVIIIe siècle dans le salon de la duchesse de Vaubricourt. Ce sont des anciennes victimes de Don Juan prêtes à  se venger. Elles invitent Don Juan. Il arrive. Elles instruisent son procès. L'auteur a le sens de la réplique et sait d'un trait dessiner des caractères. Le plus réussi est certainement la comtesse de la Roche-Piquet auquel Danièle Lebrun prête un oeil malin et un humour explosif. Une femme dynamite sous des dentelles de soie. Mais Mademoiselle de La Tringle, auteur à  succès de romans d'amour, n'est pas mal vue.Une raideur brisée par des élans fantasques, Delphine Rich dans la drôlerie ose tout, même s'enlaidir. La religieuse sous les traits de Marie Christine Rousseau est d'une fraà®cheur sympathique. Toutes sont régies par la Duchesse que Micheline Presle incarne avec un autorité malicieuse.Jean-Luc Tardieu a su, avec beaucoup de bonheur, diriger une distribution homogène. Face à  elles, Don Juan, Mathieu Carrière, a l'élégance et l'ambiguà¯té d'un personnage que l'auteur a entouré de mystère. Car Don Juan a changé. Pourquoi, comment ? C'est tout le secret de la pièce. Pièce bien construite, bien écrite, bien jouée. De bonnes raisons pour aller entendre frapper les trois coups.

Marion Thébaud

Veröffentlichungen

  • Erschienen auf Französisch bei Albin Michel, Livre de Poche Théâtre vol:1

Aufführungen

  • Argentina
    Buenos Aires, 2003
  • Belgien
    Brüssel, Théâtre Royal du Parc, November 2005
  • Bulgarien
    Übersetzung von Snéjina Roussinova-Zdravkova
    Sofia, Regionales Theater Vratza, 2005
  • Estonien: DON JUANI ÖÖ
    Übersetzung von  Inge Eller
    Tallinn, Ugala Theater, 2003
  • Frankreich
    Loire Atlantique, Maison de la culture, 1991
    Nantes, Espace 44, 1991
    Paris, Comédie des Champs Elysées, 1991
    Saint Brieuc, Royal Theater, 95/96
    Avignon, Paris-Théâtre Silvia Monfort et tournée, Directed by Régis Santon, 2007, 2008, 2009 
  • Japan
    Übersetzung von  Hitoshi Uyama
    Tokyo, Theater 21, 2004
  • Polen: Noc z Don Juanem
    Übersetzung von  Barbara Grzegorzewska
    Warszawa, Theater Ateneum, 2001
  • Russland
    Übersetzung von Irina Prokhorova
    Novosibirsk, Krasnoï Fakel, 2005
    St Petersburg, Dramatisches Theatre 03-04
    Moskau, Theater von Roman Viktyuk 05-07
  • Spanien: El process a Don Juan
    Übersetzung von José Maria Capilla
    Tarragona,  International Theater Festival, 1995
    Barcelona, Companya Avinyo 
  • Französischsprechende Schweiz
    Cologny, Théâtre du Crêve-coeur, 2004
  • UK : Don Juan on trial
    Übersetzung von Jeremy Sams:  Don Juan on trial, Methuen editions
    Stratford-on-Avon, Royal Shakespeare Company, January 1996
    Colchester, Mercury Theater, May 1999
  • USA : Don Juan on trial
    Übersetzung von Jeremy Sams:  Don Juan on trial, Methuen editions
    Milwaukee Repertory Theater, March 1995

Auszug

La Nuit de Valognes